Kaum etwas sieht so makellos aus wie der sternenklare Nachthimmel. Doch was man mit dem bloßen Auge nicht erkennt: Der Weltraum ist ein Schrottplatz - mehr als eine Million Teile Weltraummüll kreisen ständig um die Erde. Und das ist zunehmend ein Problem. Experten aus vielen Ländern beraten bis Freitag in Bonn bei der Europäischen Konferenz zu Weltraummüll über Lösungsansätze. Weltraumschrott oder Weltraummüll sind alle nicht mehr verwendeten Objekte wie Satelliten oder Bruchstücke davon, die aus Kollisionen oder Explosionen entstanden sind. Sie können winzig klein sein oder auch mehrere Meter groß. Der Weltraummüll kreist sowohl in erdnahen Bahnen um die Erde als auch weit weg. Insgesamt rasen mehr als eine Million Stücke Müll, die größer als ein Zentimeter sind, um die Erde, wie die Europäischen Weltraumorganisation Esa berichtet. Und diese Zahl nimmt ständig zu, denn der Weltraum wird immer stärker kommerziell genutzt. «Wir haben jetzt bis zu 3.000 Objekte, die wir jedes Jahr in den Orbit hineinbringen», sagt Tim Flohrer, Leiter Space Debris Office der Esa. «Vor 20 Jahren waren wir noch bei 100 Objekten im Jahr.» Die meisten Satelliten werden heute kommerziell betrieben. «Das ist nicht mehr, wie man das denken würde, Wissenschaft oder staatliche Nutzung», so Flohrer. Die meisten kommerziellen Satelliten gehörten nur wenigen Betreibern, etwa die Starlink-Satelliten von SpaceX, dem Raumfahrtunternehmen von Elon Musk. Der Großteil der Satelliten wird für Kommunikationstechnologie eingesetzt. Fast jeder Mensch nutzt Daten, die auf Weltraumsatelliten beruhen, zum Beispiel im Navi der Autos oder bei der Wettervorhersage. Auch beim Kampf gegen den Klimawandel spielen über Satelliten gewonnene Daten eine wichtige Rolle. Weil es im Weltraum zunehmend wie in einer Rushhour zugeht, kann es leicht zu Kollisionen zwischen Schrott und Satelliten kommen. Deshalb müssen die Satelliten so gebaut sein, dass sie Objekten ausweichen können. Aber manchmal ist einfach zu viel Schrott unterwegs. Astronaut Matthias Maurer schilderte in Bonn eine dramatische Situation, die er im November 2021 an Bord der Internationalen Raumstation ISS miterlebte. Damals hatte Russland einen Satelliten abgeschossen - die Folge: Mehr als 1.500 Schrott-Teile rasten auf die ISS zu. «Wir wussten nicht, wo diese Teilchen hinfliegen, es war für uns unmöglich, auszuweichen», erzählt der 55-Jährige. «Deswegen war unsere einzige Reaktion: Augen zu und durch! Das war ein ziemlich mulmiger Moment. Das war mit die gefährlichste Situation während der ganzen Zeit für mich im Weltraum, und ich bin wirklich heilfroh, dass wir dort gut rausgekommen sind.» Im schlimmsten Fall könnte sich so irgendwann die Situation ergeben, dass bestimmte Bahnen so stark mit Weltraumschrott verschmutzt sind, dass sich kein Betrieb mehr zu akzeptablen Kosten gewährleisten lässt. «Handelt sich also um eine Krise?», fragt die Esa in einem Informationsfilm. «In einigen Umlaufbahnen: ja. (...) Die Satelliten, die unser modernes Leben ermöglichen, sind gefährdet. Plötzliche Schäden an Satelliten könnten zu Stromausfällen und Störungen mit unvorhergesehenen Folgen führen. Eine katastrophale Kettenreaktion ist nicht nur möglich, sie ist bereits im Gange. In einigen Orbital-Regionen könnte unser Verhalten tatsächlich dazu führen, dass uns der Weltraum ausgeht.» Ja, zum Beispiel für den schwarzen Nachthimmel. Da gibt es die Befürchtung, dass der durch die große Zahl von Satelliten aufgehellt werden könnte. Und zwar so, dass man die Sterne nicht mehr gut sieht. Denn all die Satelliten und Schrott-Teile reflektieren Sonnenlicht - Lichtverschmutzung im Weltraum. Zudem gilt: Je mehr wir den Orbit nutzen, desto mehr Objekte werden auch wieder in die Erdatmosphäre eintreten. Im besten Fall kontrolliert in unbewohntem Gebiet, manchmal aber eben auch unkontrolliert mit den entsprechenden Risiken. «Deshalb müssen wir die Satelliten so bauen, dass sie möglichst vollständig verglühen und solche Schäden am Boden eben nicht passieren», fordert Flohrer. «Da müssen wir besser werden.» Es gibt zwei Möglichkeiten, mit dem Problem umzugehen: vermeiden und aufräumen. Dabei gilt: Vermeiden ist besser und billiger. Das heißt, Satelliten, die nicht mehr gebraucht werden, muss man entweder kontrolliert aus dem Orbit zurückholen oder unschädlich machen. Zu den Technologien, die den Experten dabei langfristig vorschweben, gehören Recyclingstationen im Orbit - das Endziel ist eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Weltraum. Satelliten-Abschuss aus dem All muss nach Meinung der Experten geächtet werden, weil dadurch zahllose Teilchen entstehen, die kaum mehr einzufangen sind. «Satelliten-Abschuss im All ist ein absolutes Tabu», betont Maurer.Was ist Weltraumschrott?
Wieviel Weltraumschrott gibt es?
Wie problematisch ist Weltraumschrott?
Was sind langfristige Konsequenzen des Weltraumschrotts?
Gibt es noch mehr mögliche Folgen?
Was kann man dagegen tun?
Bildnachweis: © Rolf Vennenbernd/dpa
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Als es Matthias Maurer mulmig wurde
Für Astronaut Matthias Maurer war es mit das gefährlichste Erlebnis: Plötzlich rasten 1.500 Stücke Weltraumschrott auf die Raumstation ISS zu. Da gab's nur eins: «Augen zu und durch!»
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