27. Februar 2023 / Aus aller Welt

Armbrust-Schütze von Bremerhaven muss in Psychiatrie

Mitarbeiterin lebensgefährlich verletzt: Im Prozess um die Armbrust-Attacke an einem Bremerhavener Gymnasium im Mai 2022 hat das Landgericht das Urteil gesprochen.

Der Angeklagte mit seinen Anwälten im Gerichtssaal in Bremen.
von dpa

Nach den Schüssen aus einer Profiarmbrust in einem Bremerhavener Gymnasium ist ein 21 Jahre alter ehemaliger Schüler zu acht Jahren Haft wegen versuchten Mordes verurteilt worden.

Das Bremer Landgericht ordnete zudem die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Diese sei vorrangig gegenüber der Haftstrafe, sagte die Vorsitzende Richterin Gesa Kasper. Wegen einer Sozialphobie, einer Depression und einer suizidalen Krise sei seine Steuerungsfähigkeit bei der Tat eingeschränkt gewesen.

Heimtückisch habe er die arglose Schulsekretärin gezielt beschossen, sagte die Richterin. Der zweite Schuss traf sie im Rücken, als sie fliehen wollte. Das Opfer war lebensgefährlich verletzt worden, nur durch eine Notoperation überlebte die Frau. Das Motiv habe vor Gericht nicht geklärt werden können. Mutmaßlich habe der Angeklagte sich im Gespräch mit der Sekretärin nicht ernst genommen gefühlt, woraufhin seine «Autoaggression umschlug in Fremdaggression». «Die ganze Tat ist und bleibt unerklärlich», sagte die Richterin.

«Ich schwöre auf alles, was ich habe»

Im «letzten Wort des Angeklagten» hatte der 21-Jährige noch einmal jegliche Tötungsabsicht bestritten. «Ich schwöre auf alles, was ich habe», betonte er. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die elf Jahre und acht Monate und die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie gefordert hatte. Die Verteidigung hatte kein konkretes Strafmaß genannt.

Schwer bewaffnet war der Deutsch-Türke nach Auffassung des Gerichts im Mai 2022 zunächst nicht mit einer Tötungsabsicht in die Schule gekommen. Ziel sei ein «Suicide by cop» gewesen, also ein Todesschuss aus der Waffe eines Polizisten gewesen. Der Angeklagte habe sich vorgestellt, mit dieser Art zu sterben seine Eltern weniger zu belasten. Bewusst habe er «ein Szenario größtmöglichen Schreckens gewählt», sagte die Richterin. Neben der Armbrust mit angespitzten Stahlpfeilen hatte er auch eine geladene Schreckschusspistole, eine Machete und ein Messer bei sich.

«Sie waren damals auch immer frech zu mir»

Nachdem der Angeklagte drei Jahre zuvor nicht zum Abitur zugelassen worden sei, habe er sich komplett sozial zurückgezogen, sich in Internetforen über Suizid-Möglichkeiten informiert und zur Ablenkung Ego-Shooter gespielt, deren Inhalt «erschreckend an den Tathergang erinnern», sagte Kasper. Am Tattag habe er nach einer ehemaligen Lehrerin gefragt, die er für sein schulisches Scheitern verantwortlich gemacht habe. Da niemand ihm ihren Aufenthaltsort nennen wollte, sei er im Sekretariat gelandet. Dort sagte er zu seinem späteren Opfer: «Sie waren damals auch immer frech zu mir.» Wenige Sekunden später habe die Frau schon den ersten Pfeil im Oberkörper stecken gehabt, sagte die Vorsitzende Richterin. Die psychischen Folgen der Tat belasten das Opfer nach eigener Aussage bis heute.

Nach den Schüssen war der Notfallplan für einen Amokalarm in der Schule ausgelöst worden. 120 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte schlossen sich in den Klassenzimmern ein, wo sie mehrere Stunden ausharrten, bis die Polizei Entwarnung gab.

In der Zwischenzeit hatte der 21-Jährige das Gebäude verlassen und schoss an einer nahen Straßenkreuzung mehrfach mit der Armbrust. Angeklagt war er deswegen ebenfalls wegen versuchten Mordes. Für diese Tat wurde er freigesprochen, weil er freiwillig aufgehört und die Waffen auf den Boden gelegt habe, ohne jemanden zu verletzten, sagte die Richterin.


Bildnachweis: © Sina Schuldt/dpa
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