20. September 2023 / Aus aller Welt

Donauwasser soll Österreichs größtes Gewässer retten

Kilometerweit vom Ufer entfernt kann man im Neusiedler See in Österreich noch stehen. Das Flachwasser an der ungarischen Grenze ist seit 30 Jahren Nationalpark - und hat ein strukturelles Problem.

Donauwasser soll den Neusiedler See in Österreich retten.
von dpa

Österreichs größter See ist ein Gewässer, das vom Regen lebt. Jetzt soll Wasser aus der Donau über eine 40 Kilometer lange Leitung den Neusiedler See an der österreichisch-ungarischen Grenze zusätzlich speisen. Entsprechende Pläne hat das Land Burgenland.

«Wir wollen mit allen Mitteln verhindern, dass der See austrocknet», sagt Christian Sailer vom Wasserreferat des Burgenlands. Der in Europa fast einzigartige Steppensee, 36 Kilometer lang und bis zu 14 Kilometer breit, ist Kern des gleichnamigen Nationalparks. Sein Pegel hängt zu 80 Prozent vom Regenwasser ab.

«Der aktuelle Zustand ist zufriedenstellend»

Die Bedeutung des Niederschlags, der in Zeiten des Klimawandels gerade im Winter immer geringer ausfällt, soll laut Sailer durch das Wasser aus der Donau auf 70 Prozent sinken. Die Naturverträglichkeitsprüfung steht aber noch aus. Umweltschützer fürchten durch das Fremdwasser unter anderem zusätzliche Schlamm- und Algenbildung in dem See, der vor 13.000 Jahren entstanden ist.

«Der aktuelle Zustand ist zufriedenstellend», sagt Sailer. Die Tiefe beträgt an den meisten Stellen etwas mehr als einen Meter, einige Zentimeter mehr als im niederschlagsarmen Sommer 2022. Vor einem Jahr zierten Fotos von Segelbooten ohne Wasser unterm Kiel viele Zeitungen in Österreich und ramponierten den Ruf des Flachsees als Ausflugsziel. «Das waren nur Momentaufnahmen. Das Wasser war in Buchten zeitweise durch den beständigen Wind verdrängt, ist aber bald wieder zurückgeflossen», sagt Patrik Hierner von Tourismus Burgenland. Die Folge seien viele Stornierungen gewesen. Das Besondere am See sei eben, dass man selbst inmitten der gewaltigen Fläche fast überall stehen kann, heißt es.

Unbestritten sind der See und die vor allem vom Weinbau geprägte Landschaft - Welterbe der Unesco - einzigartig im Alpenland. «Es ist das andere Österreich», sagt Didi Tunkel vom Burgenland Tourismus mit Blick auf eine nur leicht hügelige oder gar flache Region. Der gewaltige Schilfgürtel, auf ungarischer Seite bis zu elf Kilometer tief, ist Heimat zahlreicher Vogelarten und als eine Art natürliche Kläranlage für die Qualität des Wassers entscheidend. Andererseits tragen die Pflanzen auch zu einer starken Verdunstung bei. Deren Ausmaß solle nun genauer untersucht werden, sagt Sailer.

Winzer müssen sich auf Klima einstellen

Die mehr als 2000 Winzer in der Region müssen sich seit geraumer Zeit auf das sich verändernde Klima einstellen. «Das hat eigentlich schon in den 1990er Jahren angefangen», sagte Winzer Josef Umathum. Die Lese der Reben beginne bis zu sechs Wochen früher, die Reifezeit der Trauben falle in den Hochsommer. «Das Blattgrün muss nun so beschnitten werden, dass es die Trauben etwas beschattet und zugleich darf es nicht zu viel Wasser verbrauchen», sagt Umathum.

Er sät in den Flächen zwischen den Rebzeilen einen Grün-Teppich aus 40 Pflanzen und Kräutern, die den Boden schützen und aufwerten. Die frühere Ernte bedeute, dass sich Käfer und Spinnen noch zwischen den Trauben befänden. Umathum hat deshalb eine Sortieranlage angeschafft, die mit einem gezielten Luftstrahl die Tierchen entfernt.

Nach Erkenntnissen des Tourismusverbands rangieren Wein und Kulinarik weit oben auf der Liste der Motive der Touristen, die in die Region rund 50 Kilometer östlich von Wien kommen. Sehr attraktiv sei auch das Radfahren, weit abgeschlagen ist das Wandern, das im Rest Österreichs stets eine große Rolle für Urlauber spielt.

Der geplante Eingriff mit Frischwasser würde ein Phänomen unterbrechen: Der See ist immer wieder ausgetrocknet. «Ungefähr einmal pro 100 Jahre, zuletzt von 1865 bis 1871», sagt Hierner.


Bildnachweis: © Matthias Röder/dpa
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