18. Mai 2024 / Aus aller Welt

Etliche Großstädte ohne Public Viewing zur EM

In Fußball-Deutschland steht Public Viewing für kultiges Rudelkucken auf prall gefüllten Innenstadt-Plätzen. Doch diesmal winken etliche Großstädte beim Thema EM-Massenevent ab.

Fans feiern auf einer Public Viewing-Veranstaltung in Hannover. Einige Großstädte halten sich dieses Jahr beim offiziellen Public Viewing zurück.
von dpa

Rudelkucken. Auf prall gefüllten Plätzen in der schwarz-rot-goldenen Masse mitfiebern, jubeln, verzweifeln: Das Public Viewing mit teils Zehntausenden Zuschauern war ein riesiger Hype während der Heim-WM 2006, dem «Sommermärchen». Wie wird das bei der EM 2024?

Zumindest rechtlich ist der Weg frei: Der Bundesrat stimmte am Freitag in Berlin einer Verordnung der Bundesregierung zu, die Public-Viewing-Veranstaltungen im Freien auch bis in die Nachtstunden möglich macht. Doch vier Wochen vor EM-Start zeichnet sich ab, dass etliche Marktplätze diesmal leer bleiben dürften.    

Berlin

In der Hauptstadt soll es wieder rund gehen: Für die große Fanmeile am Brandenburger Tor wurde extra Kunstrasen verlegt und ein riesiges Fußballtor aufgebaut. TV-Sender werden immer wieder vom dortigen Public Viewing berichten. Dazu gekommen ist in diesem Jahr eine zweite Fanmeile auf der Wiese vor dem Reichstag. Dort soll es auch an Tagen ohne Fußball oder ohne deutsche Beteiligung ein großes Unterhaltungsprogramm mit Open-Air-Kino und Konzerten geben.

Insgesamt hoffen die Veranstalter für beide Bereiche an manchen Tagen auf 50.000 bis 100.000 Menschen. Außerdem wird die EM natürlich in Biergärten und Kneipen, manchen Strandbädern und auch in einem Klettergarten übertragen. 

Baden-Württemberg

Hier halten sich die Großstädte beim offiziellen Public Viewing sehr zurück. Lediglich Stuttgart, Ausrichter von fünf EM-Spielen, bietet ein umfangreiches Programm. Das Public Viewing auf dem zentralen Schlossplatz hat eine Kapazität von rund 30.000 Menschen.

Bereits bei der WM 2006 war Stuttgart Ausrichter mehrerer Spiele - auf dem Schlossplatz verfolgten damals regelmäßig bis zu 50.000 Menschen die Übertragungen. Fehlanzeige dagegen bei den anderen Kommunen im Südwesten: Freiburg, Karlsruhe Konstanz, Ulm, Mannheim - alle wollen kein städtisches Public Viewing organisieren.

Bayern

München plant zur Fußball-EM eine Fan-Zone im Olympiapark für 30.000 Menschen. Diese können die Spiele dann auf einer 120 Quadratmeter großen Leinwand im Olympiasee verfolgen. Während der WM 2006 fand das große Public Viewing im Olympiastadion statt. «Wir rechnen insgesamt schon mit einer ähnlichen Anzahl an Menschen, die die Spiele verfolgen werden», sagte ein Stadtsprecher. Wegen Umbaumaßnahmen sei im Stadion aber kein Public Viewing geplant. 

«Vonseiten der Stadt Nürnberg gibt es zur EM 2024 kein Public Viewing - anders als 2006, als Nürnberg Ausrichterstadt der WM war», sagt die Stadt. Allerdings sei ein Event eines privaten Veranstalters am Flughafen geplant. In Augsburg, wo 2006 bis zu 5000 Menschen die Spiele auf dem Rathausplatz verfolgten, wird es laut Stadt keine großen Public Viewings geben.

Brandenburg

Kein Public Viewing etwa in Potsdam, ein größeres dagegen in Frankfurt (Oder): Bei den Halbfinals und dem Finale rechnet die Stadt mit bis zu 8000 Menschen auf dem Brunnenplatz. Eingebettet ist dies in das Stadtfest, beide Events sollen gemeinsam in deutsch-polnischer Freundschaft gefeiert werden.

Bremen

Hier gucken Public-Viewing-Fans zunächst in die Röhre. Das Endspiel wird dann aber auf einer großen Leinwand übertragen. Mit Blick auf den Werfthafen soll an der Seebühne an der Waterfront das Spiel auf drei Bildschirmen gezeigt werden.

Darüber hinaus sind nach Angaben des Bremer Wirtschaftsressorts keine öffentlichen Public Viewings geplant. Zwar würde der Senat das grundsätzlich begrüßen, doch die Stadt wolle nicht selbst als Veranstalterin auftreten. Bisher habe es keine Bewerbungen für ein Public Viewing gegeben.

Hamburg

In der Hansestadt startet am 14. Juni das Fanfest auf dem Heiligengeistfeld. Hier werden alle 51 Spiele live auf mehreren Bildschirmen gezeigt. Darüber hinaus öffnet an 15 Spieltagen das Gelände für das große Public Viewing, wo alle gemeinsam feiern können. Auf einem 100 Quadratmeter großen Screen werden hier alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft, die fünf Spiele im Hamburger Volksparkstadion sowie alle Spiele der Finalrunde übertragen.

Hessen

Am Mainufer in Frankfurt wird eine 1,4 Kilometer lange Fan-Zone mit schwimmender Leinwand errichtet, die Zone soll Platz für 30.000 Menschen bieten.

Mecklenburg-Vorpommern

Am «Fußballstrand» von Heringsdorf dürften von Mitte Juni an wieder viele Fans mit der deutschen Mannschaft mitfiebern. Am Strand an der Seebrücke werden alle deutschen Spiele, weitere ausgewählte Spiele sowie die Achtel-, Viertel- und Halbfinals und das Finale gezeigt. Man sei auch bemüht, die Spiele der polnischen Nationalmannschaft zu zeigen, hieß es. 

Bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine war der ZDF-Fußballstrand an der Heringsdorfer Seebrücke auf Usedom Dreh- und Angelpunkt der Live-Berichterstat­tung. Damals moderierten Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn hier fürs ZDF und schalteten von Heringsdorf aus zu den Spielorten.

Niedersachsen

Hier sind bislang keine größeren Public Viewings geplant. In Oldenburg heißt es: «Die Stadt selbst plant kein Public Viewing, es gibt aber Gespräche mit einem externen Veranstalter.»

Nordrhein-Westfalen

An den vier Spielorten in NRW gibt es spezielle Fanzonen und mindestens eine offizielle Public-Viewing-Area. Hier werden alle Spiele gezeigt, die in der jeweiligen Stadt stattfinden, sowie alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Je nach Location sind auch zusätzliche Übertragungen möglich.

In Dortmund soll es eine Fanzone am Friedensplatz mit der Übertragung aller EM-Spiele geben sowie ein Public Viewing im Westfalenpark mit der Übertragung aller deutschen Spiele sowie aller Spiele aus dem Dortmunder Stadion.

Düsseldorf plant ein Public Viewing am Rheinufer für rund 7800 Fans, mit Übertragung aller deutschen Spiele sowie aller Spiele aus der Düsseldorfer Arena.

In Köln ist ist ein Public Viewing am Tanzbrunnen zu den Spielen der deutschen Mannschaft sowie zu allen Spielen in Köln für bis zu 12.500 Menschen geplant. Bei der WM 2006 hatte es in Köln letztendlich eine Kapazität von über 65.000 gegeben.

Gelsenkirchen plant eine Fanzone und ein Public Viewing im Amphitheater für je 6000 Zuschauer. Keine zentral organisierten Public Viewings planen Duisburg, Essen, Wuppertal, Bielefeld, Bochum, Bonn und Münster.

Sachsen

Einziger EM-Spielort in Sachsen ist Leipzig, und auch nur dort wird es eine große Fan-Zone geben. Sämtliche Spiele werden auf zwei Leinwänden übertragen, so können vor dem Opern- und dem Gewandhaus bis zu 15.000 Menschen mitfiebern.

Die Zone hat an allen 31 Turniertagen geöffnet und die Fans erwartet ein Rahmenprogramm mit Riesenrad und Musik. So tritt am 29. Juni die Band LaBrassBanda auf, am Finaltag der Schlagersänger Dieter Thomas Kuhn. Die Städte Dresden und Chemnitz planen keine größeren Public Viewings.

Sachsen-Anhalt

Auch hier werden nur wenige Städte eigene Public Viewings anbieten. Die meisten Städte und Kommunen setzen auf private Initiativen. «In der Vergangenheit haben sich die vielfältigen Public-Viewing-Angebote durch private Dritte sehr bewährt», so etwa die Stadt Halle. 

Schleswig-Holstein

Hier hat das Innenministerium nach eigenem Bekunden noch keine abschließenden Informationen über Anzahl, Ort und Größe der Veranstaltungen im Land: «Erfahrungsgemäß hängen diese auch vom Turnierverlauf ab.»

Thüringen

Auf schwarz-rot-goldene Fahnenmeere und massenhaftes EM-Gucken müssen Fußballfans zumindest in größeren Thüringer Städten eher verzichten. Die Städte Erfurt, Jena, Gera und Weimar planen keine Fanmeilen einzurichten oder Großleinwände aufzustellen.

Zu den Finalspielen der WM 2006 waren auch in Thüringer Städten Tausende Menschen auf zentralen Plätzen zusammengekommen. In Erfurt stand etwa eine große Leinwand auf dem Domplatz. Nun sagt eine Stadtsprecherin: «Damals war die Euphorie noch eine andere.» 


Bildnachweis: © Peter Steffen/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa
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