Zecken werden nicht nur häufiger zu unfreiwilligen Mitbringseln nach einem Ausflug ins Grüne, sondern inzwischen auch ganzjährig. Und sie übertragen gefährliche Erreger zunehmend auch in Regionen, die noch gar nicht offiziell als Risikogebiete gelten. «Zecken gibt es inzwischen überall in Deutschland und es gibt sie das ganze Jahr über», sagte Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr. Es sei in ganz Deutschland möglich, sich mit FSME zu infizieren. Auch in diesem Jahr seien die Zecken bereits unterwegs und aktiv. Es gebe bereits die ersten Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) unter anderem in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, sagte Dobler. «Bis zum Ausbruch der Erkrankung vergehen etwa drei Wochen. Die Infektionen müssen also mitten im Winter stattgefunden haben.» FSME wird durch Viren verursacht, die durch Zeckenstiche übertragen werden können. Die Krankheit kann Entzündungen der Hirnhäute, des Gehirns und des Rückenmarks auslösen. Bei 99 Prozent der Betroffenen fehlte laut Robert Koch-Institut (RKI) ein Impfschutz. Bundesweit lag die Impfquote demnach im Jahr 2020 bei etwa 19 Prozent. Ein Risiko für eine FSME-Infektion gibt es vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und seit 2022 auch im südöstlichen Brandenburg. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen. Dobler empfiehlt grundsätzlich Impfungen unabhängig von der RKI-Karte zu Risikogebieten. Außerdem sollte ganz Deutschland als Risikogebiet bezeichnet werden und nicht mehr nur einzelne Gebiete. Bisherige Risikogebiete könnten künftig als Hochrisikogebiete herausgestellt werden. Auch eine allgemeine Impfempfehlung für ganz Deutschland wäre hilfreich, sagte Dobler. Der Impfschutz sei mit einer Effektivität von über 97 Prozent überaus stark. FSME-Infektionen bei Menschen sind in Deutschland meldepflichtig. Insgesamt verzeichnete das RKI im vergangenen Jahr in Deutschland 686 FSME-Fälle, in Baden-Württemberg wurden nach diesen Kriterien 226 Fälle gemeldet, in denen die Betroffenen sehr schwer erkrankt und eingeschränkt sind. Nach einem Rekord im Jahr 2020 mit 718 Fällen sei 2024 das Jahr mit den zweithöchsten Fallzahlen gewesen. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim in Stuttgart spricht von einem deutlich steigenden Trend. «Seit 2017 steigen die Fallzahlen kontinuierlich an», sagte die Leiterin des Fachgebiets Parasitologie der Universität Hohenheim. Baden-Württemberg gilt mit Ausnahme des Stadtkreises Heilbronn als FSME-Risikogebiet. Aktuell sei noch unklar, wie hoch die Erkrankungszahlen im Jahr 2025 ausfallen würden. Da es aber seit einiger Zeit einen zweijährigen Turnus gibt, könnten die Zahlen trotz des langfristigen Anstiegs in diesem Jahr wieder leicht sinken. Die Zahl der registrierten Diagnosen hängt unter anderem davon ab, ob Ärzte und Ärztinnen Blut womöglicher Infizierter auf FSME untersuchen lassen. Die hohe Fallzahl aus dem Jahr 2020 im Südwesten erklärt sich durch die Pandemie: Damals waren viele Menschen in der Natur unterwegs. Wer in die Natur geht, sollte geschlossene Kleidung tragen – also zum Beispiel die Hosenbeine in die Socken stecken. Das bietet aber ebenso wenig absolut sicheren Schutz wie etwa insektenabwehrende Sprays. Nach dem Ausflug oder der Arbeit im Garten ist es wichtig, den ganzen Körper sorgfältig zu untersuchen. Zecken setzen sich bevorzugt an feuchtwarmen Körperstellen wie der Kniekehle, der Leistengegend oder Achselhöhle fest. Die Milben verankern sich mit Widerhaken am Mundwerkzeug. Sie sollten schnellstmöglich entfernt werden, denn die Dauer des Stichs kann sich auf die Übertragung von Krankheitserregern auswirken. Beim Entfernen der Tiere können zum Beispiel eine sehr feine Pinzette oder eine sogenannte Zeckenkarte helfen. Damit wird die Zecke vorn an den Mundwerkzeugen gefasst und langsam nach oben herausgezogen. Den besten Schutz gegen FSME bieten Schutzimpfungen. Die gibt es für Kinder und Erwachsene. Das Ministerium empfiehlt, in der kalten Jahreszeit mit der Grundimmunisierung zu beginnen, damit zu Beginn der Zeckenzeit ein Immunschutz besteht. Dafür sind drei Impfstoffdosen nötig. Um die Wirkung aufrechtzuerhalten, muss man die Impfung laut RKI alle fünf Jahre auffrischen, Menschen über 60 sollten das im Abstand von drei Jahren tun.Nur jeder Fünfte ist geimpft
Experte fordert bundesweites Risikogebiet
Fallzahlen steigen auf lange Sicht an
Körper nach Zecken absuchen
Impfung regelmäßig auffrischen
Bildnachweis: © Sebastian Willnow/dpa
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Wo Zecken schon jetzt unterwegs und gefährlich sind
In ganz Deutschland kann man inzwischen durch einen Zeckenstich mit FSME-Viren infiziert werden. Behörden sollten die Risikogebiete neu definieren, fordert ein Experte.
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