21. März 2025 / Aus aller Welt

Ist das Angora? Nein, Labrador!

Es riecht nicht nach nassem Hund: In ihrer Weberei nördlich von Berlin verarbeitet Svenja Suhr Hundehaar zu Wolle. Dabei erlebt sie manche Überraschung.

Weberin Svenja Suhr mit ihrem Dreieckstuch aus Hundewolle: Die Wolle fühlt sich so flauschig an wie Angora.
von Anja Sokolow, dpa

Svenja Suhr legt sich ein selbst gestricktes Dreieckstuch mit Blattmuster über die Schultern. Es ist so flauschig und weich, dass man meinen könnte, es sei aus Angorawolle. Doch mitnichten: «Wenn ich Kunden sage, dass das Hundewolle ist, erschrecken manche erst einmal», erzählt die Inhaberin einer Weberei in Oranienburg nördlich von Berlin. Seit Jahren spinnt sie Garn aus Hundehaaren und strickt daraus auch Schals, Stulpen und andere Accessoires. 

Kurzhaardackel-Besitzer ohne Chance auf einen Hundewoll-Schal 

Am besten eigne sich die Wolle von Hunden mit möglichst langem Haar: «Leonberger, Golden Retriever oder Samojeden haben tolles Fell und eine tolle Unterwolle», sagt Suhr, die nur letztere verwende. Die Unterwolle sei um 80 Prozent wärmer als Schafwolle, erklärte die Weberin bereits in einem Interview mit der «Märkischen Allgemeinen», die zuvor berichtete. Besitzer von Kurzhaardackeln hingegen hätten keine Chance auf flauschige Schals aus Wolle ihrer Vierbeiner: «Die Haare sind einfach zu kurz», sagt Suhr. 

Erinnerungen an ihre Hunde seien das, was die meisten Besitzer wollen. «Eine Kundin wollte auch einfach etwas Besonderes haben, was sonst niemand hat», erzählt die Weberin. Die Wolle zu sammeln, sei gar nicht schwierig. Beim Kämmen falle schließlich immer etwas an. Die Hundehaare kämen inzwischen aus ganz Deutschland und auch aus der Schweiz. 

Vor dem Spinnen wird das Fell gereinigt

Vor der Verarbeitung muss Suhr die Wolle reinigen. Damit die Wolle gut rieche, werde sie mit Fellshampoo gewaschen. «Menschen nehmen dann keinen Geruch mehr wahr, andere Hunde mit ihrer feinen Nase aber schon», sagt Suhr. 

Seit 2016 verarbeitet sie Hundehaare. Alles habe mit geschenktem Haar angefangen. Hundehaar zu verspinnen sei aber nichts Neues, betont sie. In prähistorischen Textilien in Skandinavien und in Nordamerika habe man Wolfshaare gefunden. In Kriegsjahren wurden Hundehaare zu einer Alternative für andere knappe Materialien. Das Freiheitsmuseum im niederländischen Groesbeek, das sich dem Zweiten Weltkrieg widmet, zeigt einen Pullover aus Wolle eines Wolfsspitzes, der auf den Namen Sten hörte. 

Abfallprodukt wird verwertet

Bundesweit verarbeiten auch andere Anbieter Hundehaar zu Wolle. Wie etwa Claudia Zeller-Kettler. Die Bremerin weist auf den Nachhaltigkeitsaspekt hin: «Hunde werden nicht zur Wollproduktion gehalten, das heißt, alles was ein Hund über Fressen, Haltung und Pflege an Ressourcen verbraucht, benötigt er ohnehin. Das Fell ist so gesehen ein „Abfallprodukt“ das verwertet wird», heißt es auf ihrer Internetseite «diespinnt.de». 

Im sächsischen Leukersdorf fertigt die Naturfasermühle laut Inhaberin Conny Böhme schon seit 15 Jahren Wolle aus Hundehaar. «Die Menschen wollen einfach etwas Bleibendes von ihrem Hund», sagt auch sie. Und manche seien richtig glücklich, wenn sie beim Gassigehen eine Mütze aus der Wolle ihrer Hunde trügen.


Bildnachweis: © Jens Kalaene/dpa
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