20. November 2022 / Aus aller Welt

Kauf-nix-Tag soll zum Umdenken anregen

Bei Black Friday und Cyber Monday sollen Sonderangebote dazu verführen, Dinge zu kaufen - die man oft genug eigentlich nicht benötigt. Doch es gibt eine Gegenbewegung.

Das Zukunftshaus in Würzburg hat ein Reinigungsgerät und Brettspiele im Angebot.
von Vanessa Köneke, dpa

Heckenschere, Raclette, elektrische Eisenbahn - das sind nur ein paar der Dinge, die es im kürzlich eröffneten «Zukunftshaus» in Würzburg zu leihen gibt. Was sie eint: Alles sind Gegenstände, die man meist nicht täglich benutzt, sondern nur gelegentlich. Statt sie teuer zu kaufen und platzraubend zu Hause zu lagern, kann man sie hier mieten.

Leihen statt Kaufen ist ein Motto, dem immer mehr Menschen folgen. «Leihen und Reparieren ist immer da gewesen, aber es gibt jetzt neue technologische Möglichkeiten», sagt der Konsumsoziologe Kai-Uwe Hellmann von der Technischen Universität Berlin. Alternativen zum Kauf werden verstärkt nachgefragt, wenn auch noch von einer Minderheit. In einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Yougov gab bereits 2018 jede zweite befragte Person an, Dinge zu reparieren. Kleidung zu mieten, konnte sich jede fünfte Person vorstellen. 39 Prozent sagten, allgemein weniger zu kaufen, der Nachhaltigkeit zuliebe.

Was brauche ich wirklich?

Der Kauf-Nix-Tag, der in vielen Ländern jedes Jahr Ende November stattfindet, soll noch mehr Verbraucher dazu ermutigen, zumindest mal einen Tag lang nichts zu kaufen und vor allem: das eigene Konsumverhalten zu reflektieren. Macht es wirklich so viel Spaß, sich mit Einkaufstüten beladen durch die Menschenmassen der Innenstädte zu schieben? Brauche ich all die Sachen wirklich, die ich beim Online-Shopping bestellt habe?

In Deutschland und anderen europäischen Ländern wird der Kauf-nix-Tag am letzten Samstag im November begangen,in anderen Staaten wie den USA am Freitag. Das Datum ist kein Zufall: Es ist dann Black Friday, an dem Schnäppchen zum vorweihnachtlichen Kaufrausch verführen sollen.

Aktionen zum Kauf-Nix-Tag sollen das Gegenteil bewirken. Auch das «Zukunftshaus» in Würzburg will zum Umdenken anregen. «Früher hatten Menschen entweder Gegenstände oder sie hatten sie nicht», sagt Vorstand Matthias Pieper. Kaum jemand sei auf die Idee gekommen, sich zum Beispiel eine Eismaschine für den Kindergeburtstag zu leihen statt sie zu kaufen. Nun sei das möglich.

Und wenn nun alle an Silvester das Raclette wollen? «Dafür haben wir von manchen Gegenständen mehrere Exemplare», sagt Pieper. Kunden können im «Zukunftshaus» Dinge auch tauschen oder reparieren lassen. Ähnliche Alternativen finden sich auch andernorts: Leihläden, manchmal «Bibliothek der Dinge» genannt, gibt es in mehreren Städten. Ebenso wie Repaircafés und Stationen zum Ablegen nicht mehr benötigter Dinge. Über soziale Medien und Online-Plattformen lassen sich Gegenstände in der Nachbarschaft borgen. Für Spielzeug und Kleidung bieten Unternehmen an, sie für einige Zeit zu leihen statt zu kaufen.

Wissenschaftler aus Kanada, Schweden und den USA haben in einer Studie anhand von Tweets untersucht, warum Menschen beim Kauf-nix-Tag mitmachen. Die meisten Befürworter versprachen sich demnach von weniger Konsum, glücklicher zu werden, indem sie ihre Zeit für wichtigere Dinge nutzen als Shopping - etwa um Freunde zu treffen, Sport zu machen oder Musik zu hören.

Verzicht ist oft nicht einfach

Einfach ist Verzicht oft nicht - schließlich definieren wir uns ein Stück weit über die Dinge, die wir besitzen, wie Experten erklären. Der Soziologe Colin Campbell ging sogar so weit zu sagen: «I shop therefore I know that I am» - Ich kaufe, darum weiß ich, dass ich bin. Und selbst wer verzichten möchte, schafft dies im Alltag nicht immer, Gewohnheit und Zeit stehen dem oft entgegen. «Ich denke, dass die Umstellung dauern wird», sagt Matthias Pieper vom «Zukunftshaus».

Dort möchte man Nachhaltigkeit alltagstauglicher machen: Als Standort leistet sich die dahintersteckende Genossenschaft die beste Lage in der Würzburger Innenstadt und lange Öffnungszeiten. Finanziell ist das nur möglich, weil es auch Produkte wie Kleidung zu kaufen gibt. Dass hier auch Leihen, Tauschen und Reparieren möglich ist, merken manche Kundinnen und Kunden erst beim Stöbern im Geschäft.


Picture credit: © Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Zwei Tote bei Flugunfall auf Luftwaffenstützpunkt in Hohn
Aus aller Welt

Es soll ein ganz normaler Trainingsflug für den Learjet werden. Doch beim Start geht etwas schief, die Maschine stürzt noch auf dem Flugplatzgelände ab und zwei Menschen sterben.

weiterlesen...
Tradition, Party und Protest: Charles und Camilla gekrönt
Aus aller Welt

Es ist ein historisches Ereignis: Charles und Camilla sind zu König und Königin gekrönt worden - vor den Augen zahlreicher prominenter Gäste aus aller Welt. Doch es gibt auch Protest.

weiterlesen...
PKW beschädigt Schranke an Baumarkt / Zeuge gesucht
Polizeimeldungen

Erkelenz (ots) - Ein Kunde eines Baumarkts an der Aachener Straße beobachtete am 13. Mai

weiterlesen...

Neueste Artikel

Schlägerei bei Fußballturnier: Spieler für hirntot erklärt
Aus aller Welt

Ein internationales Jugendturnier für Fußballvereine endet an Pfingsten dramatisch: Bei einer Schlägerei wird ein 15-Jähriger laut Polizei lebensgefährlich am Kopf verletzt. Die Polizei sucht Zeugen.

weiterlesen...
Erfolgreicher deutscher Bergsteiger tot im Himalaya gefunden
Aus aller Welt

Der erfahrene Berg- und Skiführer Luis Stitzinger war alleine auf dem auf dem dritthöchsten Berg der Welt unterwegs. Seit Donnerstag wurde er vermisst. Nun gibt es eine traurige Gewissheit.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Schlägerei bei Fußballturnier: Spieler für hirntot erklärt
Aus aller Welt

Ein internationales Jugendturnier für Fußballvereine endet an Pfingsten dramatisch: Bei einer Schlägerei wird ein 15-Jähriger laut Polizei lebensgefährlich am Kopf verletzt. Die Polizei sucht Zeugen.

weiterlesen...
Erfolgreicher deutscher Bergsteiger tot im Himalaya gefunden
Aus aller Welt

Der erfahrene Berg- und Skiführer Luis Stitzinger war alleine auf dem auf dem dritthöchsten Berg der Welt unterwegs. Seit Donnerstag wurde er vermisst. Nun gibt es eine traurige Gewissheit.

weiterlesen...