21. Oktober 2024 / Aus aller Welt

«Nicht mein König»: Protest gegen Charles in Australien

Royale Reisen sollen eigentlich schöne Bilder produzieren. Beim Besuch von König Charles III. im australischen Parlament kommt es allerdings zum Eklat. Was vorgefallen ist und worum es dabei geht.

«Sie sind nicht unser König!», wetterte Senatorin Thorpe.
von Carola Frentzen, Marc Kalpidis und Julia Kilian, dpa

Die Australienreise von König Charles III. wird von einem Eklat überschattet. Bei einem Besuch des Parlaments beendet der Monarch gerade eine Rede, als eine indigene Senatorin ihrem Ärger mit deutlichen Worten Luft macht. «Sie sind nicht mein König, Sie sind nicht unser König!», ruft die Politikerin Lidia Thorpe laut in den Saal. Bevor sie von Sicherheitsleuten abgeführt wird, fordert sie: «Geben Sie uns unser Land zurück!» und schimpft noch lautstark auf den Kolonialismus.

Es ist die erste große Auslandsreise des Königs mit seiner Frau Königin Camilla seit Bekanntmachung seiner Krebsdiagnose - und sie macht direkt über Großbritannien hinaus Schlagzeilen. Der 75-Jährige ist nicht nur Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs, sondern unter anderem auch vom Commonwealth-Land Australien.

Der dunkle Schatten der Vergangenheit

Der kurze Moment in Canberra wirft ein Schlaglicht auf die schwierige Geschichte des Kontinents, der früher einmal britische Kolonie war. Australien ist heute eine parlamentarische Monarchie. Auch wenn politische Entscheidungen von Parlament und Regierung getroffen werden, ist Charles offiziell Staatsoberhaupt.

Politikerin Thorpe allerdings, die sich für die indigene Bevölkerung einsetzt und der britischen «Times» zufolge immer wieder mit Protestaktionen auffällt, findet das falsch. Sie habe Charles die klare Botschaft senden wollen, dass er nicht König ihres Landes sei, sagte sie dem britischen Rundfunksender BBC. Viele andere Ureinwohner sind genauso wütend wie sie, seit Sonntag kam es zu mehreren kleineren Protestaktionen.

Australiens Premierminister ist für die Republik

Regierungschef Anthony Albanese ist selbst Republikaner. Noch bis Anfang des Jahres sah es so aus, als wolle seine Regierung ein Referendum über die Abschaffung der konstitutionellen Monarchie abhalten, doch das scheint keine Priorität mehr. Bei vielen Australiern ist die königliche Familie dem Institut YouGov zufolge auch weiter beliebt. 

Experten sehen die Debatte gelassen. «Der König hat - wie schon seine Mutter Queen Elizabeth II. - klargestellt, dass die Stellung der Krone in Australien eine Angelegenheit der Australier ist», hatte der Verfassungsrechtler Craig Prescott von der Londoner Universität Royal Holloway gesagt.

Die Protestaktion kritisierte Albanese der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge als respektlos: «Das entspricht nicht dem Verhalten, das Australier zu Recht von Parlamentariern erwarten.»

In den Debatten geht es nicht nur um die Staatsform des Landes. Vertreter indigener Australier fordern auch Entschädigung für Vertreibungen der Aborigines. Thorpe, die einen traditionellen Umhang trug, brachte den Vorwurf des Genozids, des Völkermords auf. «Geben Sie uns, was Sie uns gestohlen haben. Unsere Knochen, unsere Schädel, unsere Babys, unser Volk. Sie haben unser Land zerstört. Geben Sie uns einen Vertrag», forderte sie. Zuvor hatte sie sich schon beim Klang der britischen Nationalhymne «God Save the King» demonstrativ umgedreht und dem Haus den Rücken zugewandt.

Das Leid der «Stolen Generation»

Die Aborigines bevölkern den australischen Kontinent seit mehr als 65 000 Jahren. Mit der Kolonisierung durch die Briten begann für sie aber eine Zeit der Unterdrückung. Erst 1967 wurden ihnen Bürgerrechte eingeräumt. Bis in die 1970er Jahre wurden zudem indigene Kinder ihren Familien weggenommen, um sie in christlichen Missionen oder bei weißen Familien «umzuerziehen». Erst 2008 entschuldigte sich die Regierung unter dem damaligen Premier Kevin Rudd für das Leid, das den Opfern der «Stolen Generation» zugefügt wurde.

Royals in Australien

Der Nachrichtenagentur PA zufolge ließ sich Charles von der Protestaktion nicht aus der Ruhe bringen. In seiner Rede im Parlament hatte er seine Wertschätzung für die Weisheit der indigenen Bevölkerung zum Ausdruck gebracht. Während seiner vielen Besuche in Australien habe er den Mut und die Hoffnung gesehen, die das Land durch die lange und manchmal schwierige Reise der Versöhnung geführt hätten, sagte er. Das Paar will auf seiner Reise auch am Commonwealth-Gipfel im pazifischen Inselstaat Samoa teilnehmen.

«Thorpes Ausbruch wird wahrscheinlich die Sympathien für die Royals bei den Australiern verstärken, die der Monarchie ambivalent gegenüberstehen, aber glauben, dass man zumindest freundlich zu Gästen sein sollte», schrieb eine Autorin des britischen «Guardian». Wenn ihre Protestaktion sonst nichts bewirke, erinnere sie zumindest daran, dass «die Klärung unserer Identität noch einen weiten Weg vor sich hat und deutlich unbequemer sein wird als eine laute, wütende Stimme, die einen Empfang stört».


Bildnachweis: © Lukas Coch/AAP/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Radsportspaß für alle: Neue Dirt-Bike-Bahn in Hetzerath eröffnet
Aktuelle Nachrichten

Ein sportliches Highlight für Hetzerath: Am vergangenen Freitag wurde die neue Dirt-Bike-Bahn am Sportplatz offiziell eröffnet.

weiterlesen...
Sommer, Sonne, Ferienspaß: Stadt Erkelenz startet buntes Ferienprogramm 2025
Aktuelle Nachrichten

Die Sommerferien können kommen – und mit ihnen wieder jede Menge Programm für Kinder und Jugendliche in Erkelenz!

weiterlesen...
Hubert Rütten mit dem Rheinlandtaler für Kultur ausgezeichnet
Aktuelle Nachrichten

Feierliche Würdigung für Jahrzehnte ehrenamtlichen Engagements in der Erinnerungskultur.

weiterlesen...

Neueste Artikel

Rückruf für Mineralwasser wegen Keimbelastung
Aus aller Welt

Zwei Mineralwasser der Roxane GmbH aus Jessen in Sachsen-Anhalt sind wegen einer Verunreinigung zurückgerufen worden. Die Ware war vorwiegend bei Edeka, Marktkauf und Netto Marken-Discount im Angebot.

weiterlesen...
Immer mehr Tote bei Sturzflut in Texas gemeldet
Aus aller Welt

Die Verwüstung durch Überschwemmungen im Süden der USA ist groß. Viele Menschen bangen dort noch immer um ihre Angehörigen oder trauern um diese.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Rückruf für Mineralwasser wegen Keimbelastung
Aus aller Welt

Zwei Mineralwasser der Roxane GmbH aus Jessen in Sachsen-Anhalt sind wegen einer Verunreinigung zurückgerufen worden. Die Ware war vorwiegend bei Edeka, Marktkauf und Netto Marken-Discount im Angebot.

weiterlesen...
Immer mehr Tote bei Sturzflut in Texas gemeldet
Aus aller Welt

Die Verwüstung durch Überschwemmungen im Süden der USA ist groß. Viele Menschen bangen dort noch immer um ihre Angehörigen oder trauern um diese.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner