5. Mai 2023 / Aus aller Welt

König Charles führt Royals in ungewisse Zukunft

Mit großem Pomp wird Charles am Samstag als 40. Monarch gekrönt. Doch Skandale, wachsende Kritik am Umgang mit der Kolonialvergangenheit und desinteressierte Untertanen lassen die Zukunft der Royal Family so unsicher scheinen wie selten zuvor.

König Charles III. am Tag vor seiner Krönung vor dem Buckingham Palast.
von Christoph Meyer, dpa

Am Tag vor der Krönung von König Charles III. und Königin Camilla haben die Vorbereitungen für das royale Großevent ihren Höhepunkt erreicht. Der 74 Jahre alte Monarch und seine 75-jährige Frau trafen am frühen Nachmittag für eine letzte Probe an der Westminster Abbey in London ein. Der König winkte den Schaulustigen, die im Nieselregen versuchten, einen Blick auf das Königspaar zu erhaschen.

Schon seit Tagen wurden Absperrungen für die geplante Prozession vom Buckingham-Palast zu der Kirche und zurück aufgebaut. Ein harter Kern an Royal-Fans harrte schon tagelang an der Strecke aus, um sich einen guten Platz zu sichern. Mit prunkvollen Kutschen, in denen das Königspaar reisen wird, und etwa 7000 Militärangehörigen dürfte die Prozession großen Eindruck machen, auch wenn sie bedeutend kleiner ausfällt als die von Charles' Mutter Elizabeth II. im Jahr 1953.

Wetteraussichten sind eher trübe

Hunderttausende Schaulustige werden am Samstag im Londoner Bezirk Westminster erwartet. Doch für sie könnte es ungemütlich werden. Der BBC-Wettervorhersage zufolge lag die Regenwahrscheinlichkeit für den Beginn der Prozession um 10 Uhr (11 Uhr MESZ) bei 80 Prozent. Die Chance, dass der Überflug der Royal Air Force wegen des Wetters abgesagt werden könne, wurde mit 50:50 angegeben. Mehr als 60 Flugzeuge und Hubschrauber sollen über den Buckingham-Palast donnern, während die Königsfamilie vom Balkon winkt.

Sorge vor «furchtbarem Schock» durch Andrew

Auch die jüngeren Skandale der Royals warfen einen Schatten auf das historische Event. Wer genau auf dem Balkon dabei sein sollte, war bis zuletzt unklar. Charles-Biografin Catherine Mayer wollte einen Auftritt des in Verruf geratenen Prinzen Andrew (63) nicht ausschließen. Sollte Andrew wider Erwarten dabei sein, wäre das ein «furchtbarer Schock», sagte die Autorin des Buchs «Charles III. - Mit dem Herzen eines Königs» der dpa.

Streit um Harry belastet Royals weiter

Auch der jüngere Sohn von Charles, Prinz Harry, wird nicht auf dem Balkon erwartet. Wie Andrew ist auch Harry aus dem engeren Kreis der Royals ausgeschieden. Der 38-Jährige gab aus freien Stücken seinen Platz im Kern der Königsfamilie auf. Er lebt inzwischen mit seiner Frau Meghan (41) und seinen Kindern Archie, der am Samstag seinen vierten Geburtstag feiert, und Lilibet (1) im US-Bundesstaat Kalifornien. Sein Verhältnis zu den anderen Royals gilt als zerrüttet. Harry wollte alleine zur Krönung anreisen. Seine Präsenz werde die Frage der Sitzordnung in der Abbey heikel machen, wähnte Mayer. Neben den Royals werden etwa 100 Staatsoberhäupter zu dem Gottesdienst erwartet.

«Grotesker Fehler» bei Gottesdienst-Planung

Die eigentliche Krönungszeremonie in der Westminster Abbey soll zwei Stunden dauern. Dazu gehört unter anderem die Salbung des Königs und der Königin und das Aufsetzen der Kronen durch den Erzbischof von Canterbury, Justin Welby. Für einen peinlichen Moment könnte die Aufforderung zum Treueschwur an die Gemeinde und alle Zuschauer an TV-Bildschirmen sorgen. Die Ankündigung davon hatte bereits im Vorfeld einen Shitstorm in sozialen Medien ausgelöst. Viele Menschen lehnten es ab, dem König die Treue zu schwören, vor allem wenn sie dazu aufgefordert werden. Mayer bezeichnete die Idee als «grotesken Fehler», der zeige, wie weit die Royals und ihr Umfeld von der Realität der Menschen entfernt seien.

Commonwealth-Gebiete wollen Monarchie loswerden

Dass sich besonders in den Gebieten des Commonwealth die Begeisterung für die Krone in Grenzen hält, zeigte eine aktuelle Umfrage. Demnach ist in vielen der 15 Staaten, in denen Charles Staatsoberhaupt ist, inzwischen eine Mehrheit für die Abschaffung der Monarchie. In dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland sowie in Kanada, Australien, Jamaika, Antigua und Barbuda war die Zahl der Monarchiegegner größer als die der Royalisten, wie aus der Umfrage des Meinungsforschers Lord Ashcroft hervorgeht. Auf den Bahamas und den Salomonen gab sogar mehr als die Hälfte der Befragten an, bei einem Referendum für die Abschaffung der Monarchie stimmen zu wollen. Vor allem in der Karibik bröckelt die Zustimmung für die Monarchie. Dort ist die Ablehnung oft mit der Forderung nach einer Entschuldigung oder sogar Reparationszahlungen für das erlittene Unrecht durch Kolonialismus und Sklaverei verbunden.

Mögliche Stabübergabe an William

Der deutsche Adelsexperte und Autor Alexander von Schönburg hält es angesichts der Herausforderungen für die Monarchie für möglich, dass Charles die Regentschaft eines Tages an seinen älteren Sohn William abgibt. «Charles ist ein Übergangskönig, und er weiß das», sagte von Schönburg der dpa in London. Das müsse nicht bedeuten, dass Charles abdanke, aber er könnte sich zurückziehen und die wichtigsten Aufgaben an William übergeben.

Prinz William (r) begrüßt Gratulanten vor dem Buckingham Palace.

Der Autor des kürzlich erschienenen Buchs «Was bleibt, was wird - die Queen und ihr Erbe» schätzt, dass es schon in zehn Jahren so weit sein könnte. Dafür spreche, dass William, der inzwischen selbst 40 Jahre alt ist, dann noch mit einer gewissen Frische auf den Thron gelangen würde. Für Charles sei es dafür längst zu spät. Mit seinen Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit sowie religiöser Toleranz und Diversität habe Charles zwar den Zeitgeist der heutigen Jugend vorhergesehen, aber in dieser Gruppe kaum eine Anhängerschaft. Seine traditionellen Unterstützer im konservativen Milieu verprelle er hingegen mit seinen Ansichten.

William habe zudem mit seiner Frau, Prinzessin Kate, ein «Ass im Ärmel». Anders als Charles oder dessen Frau habe Kate Bodenhaftung durch ihre bürgerliche Herkunft. Auch im persönlichen Umgang sei sie alles andere als abgehoben. Das werde helfen, die von der Zustimmung in der Bevölkerung abhängige Institution der Königsfamilie in die Zukunft zu führen.


Bildnachweis: © James Manning/PA Wire/dpa
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